Persönliche Schicksale Betroffener der Insolvenz kika/Leiner
1973 eröffnete Herbert Koch, Schwiegersohn von Rudolf Leiner Junior, das erste kika-Einrichtungshaus in Wien-Heiligenstadt mit dem damals für Österreich neuen Konzept „Cash und Carry“. Es entwickelte sich zu einem Einrichtungshaus mit einem breiten Angebot. kika fungierte auch als Franchisegeber und eröffnete unter anderem zwischenzeitlich zwei Einrichtungshäuser in Riad und Dhahran (Saudi-Arabien). kika setzte auf umfassenden Kundenservice, sehr gut ausgebildetes Personal, höchste Beratungskompetenz und persönliche Betreuung. Im November 2024 meldete der inzwischen zusammengelegte kika/Leiner mit seinen 17 Filialen Insolvenz an. Guthaben und Anzahlungen von Kunden sind in der Insolvenzmasse und werden nicht mehr ausbezahlt – über 1350 Angestellte verlieren ihren Job.
Der bemühte Küchenberater
Herr O. arbeitet, für ihn gefühlt schon eine Ewigkeit, bei kika/Leiner. Er liebt seine Arbeit als Küchenberater, hat im Laufe der Jahre zahlreiche Fortbildungen besucht und versucht sich bei jeder zu planenden Küche so einzuarbeiten, als ob es seine eigene ist. Seine Installations- und Elektropläne sind bekannt für ihre Genauigkeit und er bringt auch persönlich die reservierten Geräte ins Lager, um sich zu vergewissern, dass alles seinen Platz findet.
Das Team war wie eine große Familie. Man verstand sich gut, man lachte, man weinte, man ärgerte sich gemeinsam und man vertraute sich.
Herr O. ist seit einem Jahr in Altersteilzeit, arbeitet nur noch 2,5 Tage die Woche. Aber die Kunden, die er noch betreut, um die bemüht er sich in seiner gewohnten Art und die gute Abwicklung des Küchenplanung und des Verkaufs liegen ihm sehr am Herzen.
Herr O. schläft seit bald fünf Wochen sehr schlecht. Manches Mal dreht er sich stundenlang im Bett herum und findet oft nicht mehr als zwei Stunden Schlaf. Es sind die Aufträge seiner Kunden, die ihm schlaflose Nächte bereiten.
Am neunzehnten November stand Herr O. noch wie gewohnt gut gelaunt auf, trank gemütlich seinen Kaffee und setzte sich mit seiner Frau an den Frühstückstisch. Beim Lesen der Tageszeitung verschluckte er sich fast – sein Arbeitgeber kika/Leiner solle vermutlich übermorgen Insolvenz anmelden. Er ließ alles liegen und stehen und fuhr sofort in die Firma. Ja, es war wahr. Seine Kollegen warteten bereits auf ihn – alle hatten es aus der Morgenzeitung erfahren. Der völlig verdutzte Leiter der Filiale traf knapp später ein – auch er hatte es gelesen.
Zwei Tage später, am fünfzehnten November, wurde die Insolvenz schlagend. Seine Kunden riefen an und baten um Erklärung und Klarstellung der Sachlage, fragten, was mit deren Anzahlungen passiert und was mit den geplanten Lieferterminen sei. Die Hände sind ihm gebunden, antwortet er, er könne nichts mehr machen, jede Entscheidungs- und Handlungsvollmacht liegt beim Insolvenzverwalter. Eine Kundin hatte zwei Tage vor dem Bekanntwerden der bevorstehenden Insolvenz noch zwei Küchen bei ihm bestellt. Eine junge Frau saß weinend an seinem Schreibtisch, hatte sie doch damit gerechnet, dass in ihrem Neubau zu Weihnachten zumindest die Küche vorhanden sei. Nun sitzt sie mit Mann und Kind in einer Baustelle und die Anzahlung ist dahin. Ein anderes Ehepaar hatte bereits alle Handwerker bestellt (neun Gewerke) und die Küche sollte in einigen Tagen ausgeliefert werden. So hat sich Herr O. sein berufliches Ende nicht vorgestellt.
Herr O. hat kaum Zeit über seine Zukunft nachzudenken. Gerne hätte er noch einige Jahre bei kika/Leiner gearbeitet. Er wird noch einige Monate weiterbezahlt werden, dann erhält er Arbeitslosengeld und die restlichen Monate bis zur Pensionierung wird er versuchen finanziell mit seinem Ersparten zu überbrücken. Und erklärend sagt er: „Da muss man realistisch sein. Wer stellt schon einen Mann ein, der kurz vor der Pensionierung steht?“
Hier ist auch Platz für Ihre Geschichte – bitte nehmen Sie Kontakt mit mir auf. Geteilte Erfahrungen und Emotionen helfen die Verluste besser zu verarbeiten, die durch die Insolvenz entstanden sind.