Die erste weibliche Krankenwagenfahrerin Palästinas

Thema „Pionierinnen des Abend- und Morgenlandes“, August 2022

Sandra Bali, 24, aus der Stadt Halhul in Hebron im südlichen Westjordanland, hatte schon immer den Wunsch, Kranken und Verletzten zu helfen und sieht das auch als nationale Pflicht an. Das hat sie dazu veranlasst, allen Widrigkeiten zum Trotz, die erste weibliche Krankenwagenfahrerin in Palästina zu werden. So beschloss sie, in diesem Jahr ihren Krankenwagenführerschein zu machen. Bali, die seit zwei Jahren als Krankenschwester im Hospital arbeitet, wollte schon seit Jahren das männliche Monopol in diesem Beruf brechen. 

“Der Erhalt meines Führerscheins für einen PKW im Jahr 2018 war ein großer Ansporn für mich, den Krankenwagenführerschein zu beantragen. Es war eine Herausforderung, da ich die erste Frau in Palästina sein würde, die diesen Beruf ergreift. Ich habe im Vorfeld viel darüber nachgedacht, wie die Gesellschaft mich wahrnehmen wird”, sagte Bali gegenüber Al-Monitor. “Einen Krankenwagen zu fahren ist keine leichte Aufgabe. Meine Arbeit beschränkt sich nicht nur auf das Fahren. Viele Patienten, vor allem Frauen, bitten darum, dass Frauen ihnen Erste Hilfe leisten und sie in das Fahrzeug bringen. Ich helfe den Sanitätern bei der Erstversorgung der verletzten Person, bevor sie zur Behandlung ins Krankenhaus gebracht werden.“

Weiters erzählt Bali : “Das Fahren eines Krankenwagens erfordert Konzentration, Schnelligkeit und ein gutes Urteilsvermögen, um  die Patienten so schnell wie möglich zu transportieren, ihr Leben rechtzeitig zu retten und eine Verschlimmerung des Zustands zu vermeiden, insbesondere wenn diese unter starken Blutungen oder einem Wirbelsäulenbruch leiden. Vor allem gilt es Verkehrsunfälle zu vermeiden. Wie schnell man mit dem Krankenwagens fährt, hängt von mehreren Faktoren ab, nämlich vom Zustand des Patienten und von der Verkehrslage. Wenn der Zustand des Patienten kritisch ist, muss ich so schnell wie möglich fahren, manchmal bis zu 140 Stundenkilometer. Natürlich schalten wir die Sirene ein, um alle Fahrzeuge auf der Straße auf den entgegenkommenden Krankenwagen aufmerksam zu machen, damit sie ausweichen können. Ich habe einige schwierige Situationen erlebt, als ich Verletzte transportierte. Einige von ihnen hatten schwere Verletzungen durch direkte Schüsse in den Kopf oder die Brust sowie verschiedene andere Verletzungen. Trotz des Schreckens und der Schwierigkeiten der Szenarien versuchte ich mich auf meine humanitäre Pflicht zu konzentrieren und die Verletzten so schnell wie möglich in das nächste Krankenhaus zu bringen, um ihr Leben zu retten”.

Sie bemerkte, dass viele Leute böse Kommentare darüber machen, dass sie einen Krankenwagen fährt. Aber ihre Familie und ihre Freunde unterstützen und ermutigen sie, an diesem Beruf festzuhalten und zu beweisen, auch in Berufen arbeiten können die von Männern dominiert werden. Weiters berichtet sie, wie schockiert viele Autofahrer sind, wenn sie eine Frau am Steuer eines Krankenwagens sehen.

Bali hat andere palästinensische Frauen dazu inspiriert, Karrieren in von Männern dominierten Bereichen zu wählen. Heba Zahida, eine 22-jährige Doktorandin sagte gegenüber Al-Monitor: “Bali ist ein Vorbild für alle Mädchen und Frauen. Sie hat sich, trotz aller Schwierigkeiten und Herausforderungen denen sie ausgesetzt war, bewährt. Sie hat darauf bestanden, diesen humanitären Beruf auszuüben, der lange Zeit von Männern monopolisiert wurde”. Und fügt hinzu: “Palästinensische Frauen sind nicht weniger produktiv und effizient als Männer. Sie haben sich in vielen Berufen bewährt, sind oft besser und effizienter als Männer und zeigen große Bereitschaft, sich an Entscheidungsprozessen zu beteiligen.”

Nashat al-Awewi, 26 meinte gegenüber Al-Monitor: “Frauen beteiligen sich jetzt neben Männern an vielen Aufgaben, da sie versuchen, das Bewusstsein für ihre Rechte zu schärfen und mehr zu erreichen.” Und fügt hinzu: “Obwohl viele schockiert waren, als sie Bali einen Krankenwagen fahren sahen, wird sie in Hebron von der Bevölkerung sehr respektiert, da sie beweist, dass nichts unmöglich ist.”

Nach den im März vom palästinensischen Zentralamt für Statistik veröffentlichten Statistiken betrug die Beteiligung von Frauen an der palästinensischen Erwerbsbevölkerung im Jahr 2021 17 %, gegenüber 16 % im Jahr 2020, während die Beteiligung von Männern an der Erwerbsbevölkerung im Jahr 2021 bei 69 % lag, gegenüber 65 % im Jahr 2020.

Die Arbeitslosenquote der Frauen in den palästinensischen Gebieten lag im Jahr 2021 bei 43 %, die der Männer bei 22 %. Die Arbeitslosenquote unter den Jugendlichen (19-29 Jahre) mit einem Vordiplom oder höher lag im selben Jahr bei 53 %, davon waren 66 % weiblich und 39 % männlich.

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Quelle: Al-Monitor.com is a trusted and award-winning independent source of Middle East news and analysis, founded https://www.al-monitor.com/mission https://www.al-monitor.com/mission 
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